Ordnungspolitische Bildung

Ordnungspolitische Bildung

In der von Kaminski , Eggert und Koch erarbeiteten Unterrichtseinheit " Wirtschaftsordnung " werden treffend die " erkenntnisleitenden Interessen und Gründe für die Auswahl der Thematik herausgestellt :
" Eine marktwirtschaftliche Ordnung ist wesentlich auf die Akzeptanz durch die Bürgerinnen und Bürger angewiesen , weil sich aus der Komplexität der Marktwirtschaft für sie vielfältige Funktionen im Wirtschaftsprozess (horizontal, vertikal ) ergeben , die nicht in einem konfliktfreien Verhältnis zueinander stehen ( z.B . Funktionen als Unternehmer , Konsument , Arbeitnehmer , Kapitaleigner , Sparer, Wähler , Verbandsvertreter , Manager, Politiker ). Es zeigt sich : „ Für ein reibungsarmes Funktionieren der freiheitlich-demokratischen Gesellschaft ist es unabdingbar , dass ihre grundlegenden Regeln von der großen Mehrheit der Bürger akzeptiert werden “. ( Bickenbach / Soltwedel 1996, 21)

Die individuelle Position als Bürgerin bzw . Bürger kann nur in Kenntnis des wirtschaftlichen Gesamtzusammenhangs und der individuellen und kollektiven Interessen anderer Personen , Gruppen und Organisationen relativiert und bestimmt werden .

Es muss deutlich werden : Wer die „Grammatik“ einer Gesellschaft verstehen will, in die er über seine Arbeits - und Lebenssituationen untrennbar im Alltag eingebunden ist , muss die Struktur einer Wirtschaftsordnung verstehen , sonst verbleiben die vielfältigen wirtschaftlichen Erscheinungen beziehungslos nebeneinander und behalten einen episodenhaften Charakter . Das Wissen um zentrale Ordnungsformen und - elemente einer Wirtschaftsordnung gehört deshalb zu dem unabdingbaren Orientierungswissen , das der Ökonomieunterricht zu vermitteln hat. Die Schülerinnen und Schüler müssen erkennen , dass es sich bei der Weiterentwicklung der marktwirtschaftlichen Ordnung um ein stetiges gesellschaftliches Ringen handelt , dessen Auswirkungen sich in den Unternehmen und privaten Haushalten tagtäglich zeigen .

Wer den Charakter der Wirtschaftsordnung nicht versteht , in der er lebt , arbeitet und konsumiert , wählt oder unternehmerisch tätig ist , wird nur unzureichend wirtschaftliche , arbeitsweltliche und politische Sachverhalte beurteilen können , zumal kein Arbeitnehmer , Konsument , Unternehmer vom Prozess und dem Ergebnis der Fortentwicklung der Wirtschaftsordnung eines Landes im Spannungsfeld unterschiedlicher ökonomischer , sozialer und politischer Interessen unberührt bleibt :

Parlamente , Parteien und Interessengruppen ringen um Steuervergünstigungen für Familien , Unternehmen , Regionen und Branchen .
Unternehmensleitungen und Betriebsräte streiten um die sozialverträgliche Gestaltung des Strukturwandels , um neue Arbeitsmarktinstrumente , um die Verbesserung nationaler und internationaler Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens , um tatsächliche und vermeintliche soziale Besitzstände .
• Es wird gekämpft um die Ausgestaltung der sozialen Sicherungssysteme im Spannungsfeld von umfassender staatlicher Fürsorge einerseits und privater Selbstverantwortung andererseits ." [1]

[1] Kaminski , Hans; Eggert , Katrin ; Koch, Michael ( o.J .): Unterrichtseinheit " Wirtschaftsordnung ". 4. Aufl . Düsseldorf : Handelsblatt GmbH , S. 15.

" Ein Interesse an der Herstellung von Akzeptanz und Legitimation äußert etwa auch die Bertelsmann Stiftung : "Der gegenwärtige wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandel erfordert (...) ein Engagement, das auf positivem Verständnis , Akzeptanz und Kenntnis der Prämissen unserer Sozialen Marktwirtschaft (...) aufbaut . Unverständnis (...) und Unsicherheit (...) führen (...) letztlich zu einem Akzeptanzverlust der Wirtschafts - und Gesellschaftsordnung " (Lexis/ Wiesner 1999, 46). Noch klarer formuliert das Annette Schavan : " Wir müssen den Jugendlichen mit dem soliden Faktenwissen eine positive Haltung zur Sozialen und ökologischen Marktwirtschaft , ja eine Begeisterung und Leidenschaft für die Inhalte und Ziele dieser Wirtschaftsordnung vermitteln ." [2]

[2] ( Schavan 2001, 6). Schavan , Annette (2001): Bildung und Soziale Marktwirtschaft ( Vorwort ). In: Kaminski , Hans; Hübinger , Bernd ; Zedler , Reinhard ; Staudt , Wolfgang: Soziale Marktwirtschaft stärken . Kerncurriculum Ökonomische Bildung . ( Zukunftsforum Politik ; 26). Bonn.
< http://www.kas.de/ publikationen /2001/ markt / zp _nr26. pdf > vom 07.06.2001. Hier zitiert aus : Hedtke , Reinhold (2001): Ökonomische Bildung im Boom? Konzeptionen , Interessen und Herausforderungen . Arbeit - Wirtschaft Technik als Gegenstand allgemeiner Bildung . Jubiläumsausgabe , 20 Jahre AWT-INFO . In: AWT-INFO , Jg. 20., S. 96.

"Es ist nicht dasselbe , ob man die gegebene Wirtschaftsordnung als die beste aller Welten hinstellt und auf deren Akzeptanz hinarbeitet oder ob man diese Ordnung als problemerzeugend begreift und der kritischen Diskussion aussetzt ." [3]

[3] Detjen , Joachim (2006): Wie viel Wirtschaft braucht die politische Bildung ? In: Georg Weißeno (Hg.): Politik und Wirtschaft unterrichten . Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften , S. 62.
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Ausgewählte Literaturhinweise

Deutsche Gesellschaft für ökonomische Bildung (Hg.) (1999): Die Marktwirtschaft an der Schwelle zum 21. Jahrhundert - neue Aufgaben für die ökonomische Bildung ? Prof. Dr. Dietmar Krafft , dem Gründungsvorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Ökonomische Bildung , zur Vollendung des 65. Lebensjahres gewidmet . Bergisch Gladbach : Hobein ( Wirtschafts - und Berufspädagogische Schriften , Bd . 19).

Haarmann , Moritz-Peter (2011): Die Soziale Marktwirtschaft als Lernfeld der Politischen Bildung . In: Dirk Lange (Hg.): Politik und Wirtschaft im Bürgerbewusstsein . Untersuchungen zu den fachlichen Konzepten von Schülerinnen und Schülern in der Politischen Bildung . Schwalbach / Ts : Wochenschau Verlag , S. 22–46.

Kaminski , Hans; Eggert , Katrin ; Koch, Michael (o.): Unterrichtseinheit " Wirtschaftsordnung ". 4. Aufl . Düsseldorf : Handelsblatt GmbH .

Müller , Christian; Schlösser , Hans Jürgen ; Schuhen , Michael; Liening , Andreas (Hg.) (2014): Bildung zur Sozialen Marktwirtschaft . Stuttgart: Lucius & Lucius ( Schriften zu Ordnungsfragen der Wirtschaft , 99).

Weinbrenner , Peter (1968): Die soziale Marktwirtschaft als Erziehungs - und Bildungsproblem . Ein Beitrag zum Problem Wirtschaftsordnung u. Wirtschaftspädagogik . Wirtschafts - u. Sozialwiss . Fak ., Diss .- Köln , 1968. Köln .

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